• Rechtsgebiet:
  • Baurecht, Immobilienrecht und Architektenrecht
  • Architektenrecht

HOAI unwirksam?

07.07.2017

Ihr zuständiger Rechtsanwalt

Sabine Ebner-Köppl
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Fachanwältin für Familienrecht AnwaltMediatorin (DAA)

Rechtsanwälte Ebner-Köppl, Löffler und Kollegen
Telefon + 49 (0)7 11 6 07 73 39
E-Mail ebner-koeppl(at)elolaw.de

von Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Fachanwältin für Familienrecht AnwaltMediatorin (DAA) Sabine Ebner-Köppl


Preisrecht
der HOAI 

Klage der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland

Die Europäische Kommission hat am 15.12.2016 eine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der verbindlichen staatlichen Preisverordnung, der HOAI eingeleitet. Die HOAI kollidiert nach Auffassung der Europäischen Kommission mit den Anforderungen der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006-123-OEG), insbesondere mit Europäischem Recht die Niederlassungsfreiheit zu gewährleisteten. 

Die Europäische Kommission vertritt die Auffassung, dass verbindliche Mindesthonorare -Mindestsätze - nicht notwendige Hindernisse für neue Marktteilnehmer sind. Eine hohe Qualität von Dienstleistungen in – und ausländischer Anbieter sei nicht durch Mindestsätze sicherzustellen. Mindestsätze führten dazu, dass den Verbrauchern Dienstleistungen zu wettbewerbsgerechten Preisen vorenthalten werden. Es geht also im Kern darum, die Honorierung der  Architektenleistung dem freien Wettbewerb zu überlassen. Aus Sicht der Kommission behindert die HOAI die Niederlassungsfreiheit und die Möglichkeit, die Preise frei zu vereinbaren. Sie sieht darin versteckte Barrieren, die diskriminierend, nicht notwendig und unverhältnismäßig sind.

Die Europäische Kommission sieht in den vorgegebenen Mindestsätzen und damit zwischen der Gebührenhöhe und der Qualität der erbrachten Leistung keinen Zusammenhang. Die Abschaffung der Mindestsätze habe demzufolge keine qualitative Verschlechterung der Dienstleistung zur Folge. Auch hohe Mindesthonorare besagen nichts darüber, ob minderwertige Dienstleistungen erbracht werden.

Demgegenüber argumentiert die Bundesregierung, dass bewährte Qualitätsstandards und gewachsene Strukturen zu erhalten sind und hierzu auch Berufszugangs- und Ausübungsregelungen sowie die HOAI gehören.

Nach deutschem Werkvertragsrecht unterliegt der Planervertrag des Architekten der Regelung des Werkvertrags. Die werkvertraglichen Regelungen des BGB sind grundsätzlich frei zu vereinbaren. In der vertraglichen Vereinbarung des Architekten und Ingenieurs werden durch die verbindliche Geltung der HOAI gleichzeitig auch deren Leistungsbilder festgeschrieben. Der Architekt wirkt treuhänderisch im Sinne der Bauherren, indem er das mit dem Bauherrn abgestimmte Bauvorhaben umsetzt. Architekten und Ingenieure schulden im Gegensatz zu den Berufskollegen andere EU-Mitgliedstaaten nicht das bloße Mitwirken, sondern die Erstellung eines mangelfreien Werks. Um diesen Erfolg zu erreichen, müssen sie die gesetzlich geforderten Leistungen in allen Leistungsphasen erbringen und auch die in der Bundesrepublik geltenden rechtlichen Grundlagen des Baurechts und des Vergaberechts einhalten. Dabei müssen die Architekten nach geltendem Architektenrecht  in Deutschland die Leistungen so oft wiederholen, bis der Erfolg eingetreten ist, also das geschuldete Werk vorliegt. Darüber hinaus haften die Architekten faktisch auch für den Erfolg der Bauwerkserstellung. Die Haftung gilt auch anders als in anderen europäischen Staaten bis zum Abschluss der Bauausführung und der Gewährleistung. Dies kann bis zu 10 Jahre nach Abnahme der Architektenleistung der Fall sein. Insofern berücksichtigt der Mindestsatz der HOAI auch das Haftungsrisiko dieser Berufsgruppe.

Die Architektenleistung ist interaktiv. So kann der Bauherr zwar eine konkrete Zielvorstellung haben, aber diese kann sich bei Planung in den jeweiligen Leistungsphasen verändern. Mit der Einführung der HOAI hat man verbindliche Mindest – und Höchstsätze für diese Architektenleistung festgelegt. Der Vergütungsanspruch des Architekten findet seine Grundlage jedoch nicht in der HOAI, sondern auf dem Architektenvertrag. Das Preisrecht der HOAI dienen als Grundlage für die Ermittlung der üblichen Vergütung nach § 632 Abs. 2 BGB.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 24. 4. 2014 zu Az. VIIZR 164-13 ausgeführt, dass die Mindestsätze der HOAI dazu dienen sollen, den vom Gesetzgeber gewollten Qualitätswettbewerb zu fördern und einen ungezügelten ruinösen Preiswettbewerb zu und unterbinden, der die wirtschaftliche Situation der Architekten, die Qualität der Planung sowie deren unabhängige Stellung zwischen Bauherr und Unternehmer beeinträchtigen würde.

Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg 13.04.2017 (IBRRS 2017,1782 vom 14.06.2017) ist ein Rechtsstreit nicht auszusetzen, weil die Europäische Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland am 17.11.2016 ein Vertragsverletzungsverfahren betreffend die Vereinbarkeit des Preisrechts der HOAI mit  der Dienstleistungsrichtlinie eingeleitet hat. Die Bundesrepublik Deutschland selbst geht davon aus, dass das Preisrecht der HOAI europarechtskonform ist. Ein klagstattgebendes Urteil des EuGH hat rein feststellenden Charakter und keinen rückwirkenden Einfluss auf zivilrechtliche Streitigkeiten.