• Rechtsgebiet:
  • Familienrecht

Zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25.01.2011 zur Verfassungswidrigkeit der Dreiteilungsmethode bei der Berechnung des nachehelichen Ehegattenunterhalts, AZ: 1 BvR 918/10

23.02.2011

Ihr zuständiger Rechtsanwalt

Sabine Ebner-Köppl
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Fachanwältin für Familienrecht AnwaltMediatorin (DAA)

Rechtsanwälte Ebner-Köppl, Löffler und Kollegen
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von Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Fachanwältin für Familienrecht AnwaltMediatorin (DAA) Sabine Ebner-Köppl

Mit der Unterhaltsrechtsreform zum 01.01.2008 wollte der Gesetzgeber die Zweitfamilie entlasten, das Kindeswohl stärken und die wirtschaftliche Eigenverantwortung geschiedener Ehegatten betonen. Dies wurde u.a. rechtstechnisch durch die Möglichkeit der Begrenzung und Befristung des
nachehelichen Unterhalts in § 1578b BGB und die Rangfolgeregelung in § 1609 BGB umgesetzt. Im übrigen soll sich der nacheheliche Unterhalt nach wie vor nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen richten und das Maß des Unterhalts sich im Grunde nach den ehelichen Lebensverhältnissen zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung orientieren.

Der Bundesgerichtshof hat in einer ersten Entscheidung vom 30.07.2008 (BGHZ 177, 356) einen Kollisionsfall zwischen erster und zweiter Ehefrau im nachehelichen Unterhalt durch die Anwendung der so genannten Dreiteilungsmethode gelöst. Die bereinigten Einkommen des Unterhaltspflichtigen, des ersten geschiedenen und des zweiten Ehegatten wurden vereinfacht ausgedrückt zusammengefasst und durch 3 geteilt. Der geschiedene Ehegatte sollte im Ergebnis aber keinesfalls mehr erhalten, als er ohne den weiteren Ehegatten an Unterhalt beanspruchen dürfe. Die Anwendung dieser „Berechnungsmethode“ überschreite die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung.

Das BVerfG stellt klar, dass die neue Ehe nicht bereits in der ersten Ehe angelegt ist. Der Bedarf der ersten Ehefrau ist zu ermitteln und dann erst auf der Ebene der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist die Tatsache der neuen Ehe zu berücksichtigen. Dann ist auf der Grundlage der Rangfolge der Unterhaltsberechtigen nach § 1609 BGB der Unterhalt zu bemessen.

Die Rangfolgeregelung wirkt sich aber nur dann aus, wenn der Unterhaltspflichtige nicht alle Unterhaltsansprüche erfüllen kann und sein Mindestselbstbehalt unterschritten ist, also ein absoluter Mangelfall vorliegt. Die Rangfolge, in der dann Unterhaltspflichten zu erfüllen sind, orientiert sich an der Schutzwürdigkeit der Unterhaltsberechtigten. Danach stehen im ersten Rang die minderjährigen unverheirateten Kinder; im zweiten Rang sind die Elternteile, die die Kinder betreuen, den nach langer Ehe geschiedenen Ehegatten gleichgestellt.

Dies kann bedeuten, dass zum Beispiel dann, wenn aus der zweiten Ehe Kinder hervorgegangen sind und der zweite Ehegatte die Kinder betreut, aber die erste Ehe kinderlos und von kurzer Dauer war, die Unterhaltsansprüche des ersten Ehegatten nachrangig sein können und der erste Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch mehr hat.

Das BVerfG hat die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

Praktisch wirkt sich die Entscheidung in der Form aus, dass grundsätzlich seit Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG die Abänderungsklage gegen frühere Entscheidungen, die auf der Anwendung der Drittelmethode beruhen, eröffnet wird.