• Rechtsgebiet:
  • Versicherungsrecht

Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung

27.05.2011

Ihr zuständiger Rechtsanwalt

Michael Prettl LL.M.
Fachanwalt für Versicherungsrecht

Rechtsanwalt Michael Prettl Versicherungsrecht
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von Fachanwalt für Versicherungsrecht Michael Prettl LL.M.

Die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung bietet Deckung für die Haftpflicht des Versicherungsnehmers, die beim Gebrauch eines Kraftfahrzeugs besteht. Sie ist als Haftpflichtversicherung zugleich Passivenversicherung und Schadenversicherung. Nicht zu verwechseln ist die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung mit der Kraftfahrzeugversicherung, die auch Kasko-Versicherung genannt wird.

Rechtsgrundlage für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ist der Versicherungsvertrag. Dieser basiert auf dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG), dem Pflichtversicherungsgesetz (PflVG), der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung (KfzPflVV) sowie auf den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) und den Tarifbestimmungen für die Kraftfahrtversicherung (TB).

Vom Umfang des Versicherungsschutzes erfasst ist nach A.1.1 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) die Befriedigung begründeter und die Abwehr unbegründeter Schadenersatzansprüche, die auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen erhoben werden. Neben dem Versicherungsnehmer sind auch Halter, Eigentümer und Fahrer mitversichert. Im Regelfall sind Halter und Versicherungsnehmer identisch; davon kann es jedoch Abweichungen geben.

Die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ist eine Pflichtversicherung. Gemäß § 1 (PflVG) ist jeder Halter eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers mit regelmäßigem Standort im Inland verpflichtet, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten, wenn das Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen verwendet wird.

Als Gegenstück zur Versicherungspflicht besteht für den Versicherer ein Kontrahierungszwang nach § 5 Abs. 2 PflVG mit nur wenigen Ausnahmen nach § 5 Abs. 4 PflVG.

Eine Besonderheit der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ist der Direktanspruch des Geschädigten gegen den Versicherer nach § 3 Nr. 1 PflVG. Während bei anderen Haftpflichtversicherungen der Geschädigte sich an den Versicherungsnehmer halten muss, der seinerseits einen Freistellungsanspruch gegen den Versicherer hat, kann sich der Geschädigte direkt vom Versicherer Ersatz seines Schadens verlangen.

Die Schadenregulierung findet also vorrangig im Verhältnis zwischen Versicherer und Geschädigtem statt. Nach A.1.1.4 AKB gilt der Versicherer als bevollmächtigt, im Namen der versicherten Personen Ansprüche des Geschädigten zu befriedigen und/oder abzuwehren und alle dafür zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens abzugeben.

Diese Regulierungsvollmacht führt dazu, dass der Versicherer die Schadenregulierung weitgehend unabhängig vom Versicherungsnehmer durchführen kann. Dies ist für den Versicherungsnehmer zwar bequem, birgt aber auch einige Gefahren. Befriedigt der Versicherer beispielsweise einen Teil der Ansprüche des Geschädigten, obwohl der Versicherungsnehmer von fehlendem eigenen Verschulden ausgeht, muss der Versicherungsnehmer dennoch eine Rückstufung seiner Schadenfreiheitsklasse in Kauf nehmen. Zugleich schmälern sich seine Chancen, einen etwa am eigenen Fahrzeug entstandenen Schaden vom Unfallgegner voll erstattet zu bekommen.

Eine fehlerhafte Regulierung des Versicherers kann jedoch auf Grund der Verletzung einer Pflicht aus dem Versicherungsvertrag eine Schadenersatzpflicht des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer auslösen. Es empfiehlt sich daher, bei einem Unfall möglichst früh die Beratung durch einen Versicherungsrechtsanwalt in Anspruch zu nehmen.

Während im Regelfall einer Obliegenheitsverletzung (zumindest nach dem bis Ende 2007 geltenden VVG in alter Fassung) die Möglichkeit der völligen Leistungsfreiheit des Versicherers nach dem so genannten Alles-oder-Nichts-Prinzip besteht, hat Leistungsfreiheit im Rahmen der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung eine abweichende Bedeutung. Der Geschädigte soll nicht auf die Zuverlässigkeit und Zahlungsfähigkeit des Versicherungsnehmers verwiesen werden. Gemäß § 3 Nr. 4 PflVG bleibt die Leistungsfreiheit des Versicherers auf das Innenverhältnis zum Versicherungsnehmer beschränkt. Eine Regressforderung des Versicherers gegen den Versicherungsnehmer ist in der Regel auf 5000 Euro begrenzt (§ 5 Abs. KfzPflVVO); dieser Betrag kann sich jedoch in bestimmten Fällen verdoppeln.

Um den Regress zu vermeiden, muss der Versicherungsnehmer insbesondere in und nach der Unfallsituation wichtige Obliegenheiten beachten. Dazu gehört die Anzeigeobliegenheit nach § 7 Abs. Abs. 2, wonach der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall innerhalb einer Woche schriftlich anzuzeigen hat. Erlangt der Versicherer allerdings selbst Kenntnis vom Versicherungsfall, etwa weil der Geschädigte den Unfall bei der gegnerischen Versicherung angezeigt hat, kann sich der Versicherer nicht auf Leistungsfreiheit berufen, wenn der Versicherungsnehmer die Wochenfrist versäumt.

Eine Abweichung von den allgemeinen Regeln des Versicherungsrechts erfordert § 12 Abs. 1 Satz 4 Nr. 5 StVZO: Für die amtliche Zulassung eines Kraftfahrzeugs ist eine bestehende Haftpflichtversicherung Voraussetzung. Nach allgemeinen Regeln müsste der Versicherungsnehmer solange auf Deckung warten, bis der Versicherer den Antrag angenommen und er selbst die Erstprämie bezahlt hätte. Zur Vermeidung unpraktikabler Wartezeiten wird sofortiger Versicherungsschutz durch die so genannte vorläufige Deckung zur Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich um einen selbstständigen Versicherungsvertrag, der dem Hauptvertrag zeitlich vorausgeht. Der Versicherungsnehmer erhält also Versicherungsschutz, obwohl die Prämie noch nicht gezahlt, sondern zunächst gestundet wurde und erst mit der Prämie für den Hauptvertrag berechnet wird. Gefahr besteht für den Versicherungsnehmer, wenn er die Hauptprämie dann nicht innerhalb von 2 Wochen bezahlt: Gemäß B.2.4 AKB tritt die vorläufige Deckung rückwirkend außer Kraft, wenn der Versicherungsnehmer die Verspätung der Zahlung zu vertreten hat. Zu beachten ist jedoch, dass der Versicherungsnehmer über die Folgen des Verstreichenlassens der Zahlungsfrist belehrt worden sein muss.

Für die Veräußerung eines Kraftfahrzeugs gilt G.7.4 AKB. Danach tritt der Erwerber des Kraftfahrzeugs in die Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag ein. Beim Verkauf eines Gebrauchtwagens ist es deshalb von einiger Bedeutung, den genauen Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs schriftlich festzuhalten. Diese Regelung vereinfacht den Besitzerwechsel und das Ummelden des Kraftfahrzeugs erheblich: verursacht der neue Besitzer nach Übergabe, aber noch vor der Ummeldung des Autos einen Unfall, muss sich der Veräußerer nicht mehr beispielsweise um seine Schadenfreiheitsklasse sorgen. Der Erwerber geht allerdings das Risiko ein, dass das Versicherungsverhältnis schon vor der Veräußerung etwa durch eine Obliegenheitsverletzung des Veräußerers notleidend war und ihn die entsprechenden Folgen (Leistungsfreiheit des Versicherers oder Quotelung und Regress) treffen.