• Rechtsgebiet:
  • Versicherungsrecht

Krankenversicherung

27.05.2011

Ihr zuständiger Rechtsanwalt

Michael Prettl LL.M.
Fachanwalt für Versicherungsrecht

Rechtsanwalt Michael Prettl Versicherungsrecht
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von Fachanwalt für Versicherungsrecht Michael Prettl LL.M.

Innerhalb der Krankenversicherung unterscheidet man zwischen der Krankheitskostenversicherung, der Krankenhaustagegeldversicherung und der Krankentagegeldversicherung. Die Krankheitskostenversicherung ersetzt im Versicherungsfall die Aufwendungen für Heilbehandlungen und andere vereinbarte Leistungen. Sie ist also innerhalb der Systematik des VVG als Schadenversicherung zu betrachten, obwohl sie zugleich Personenversicherung ist.

Die Krankenhaustagegeldversicherung ist dagegen eine Summenversicherung: hier wird vereinbart, dass für jeden Tag des Aufenthalts im Krankenhaus ein bestimmter Betrag an den Versicherungsnehmer geleistet wird, der vom konkret eingetretenen Schaden unabhängig ist.

Die Krankentagegeldversicherung sichert den Verdienstausfall ab, der als Folge von Krankheiten oder Unfällen entstehen kann. Dies ist in der Regel als eine Mischform aus Summen- und Schadenversicherung ausgestaltet: Der Versicherungsnehmer erhält im Krankheitsfall zur Kompensation seines Verdienstausfalls eine vorher vereinbarte Summe, muss den Schaden also nicht konkret für den Versicherungsfall nachweisen. Diese Summe findet jedoch ihre Begrenzung im Nettoeinkommen des Versicherungsnehmers.

Die Krankenversicherung ist erst im Zuge der Deregulierung 1994 in das VVG als eigener Titel (§§ 178a ff VVG) aufgenommen worden. Ziel war es, nach dem Wegfall des Genehmigungserfordernisses der Versicherungsbedingungen durch den Staat Mindestanforderungen an die Ausgestaltung der privaten Krankenversicherung zu stellen. Seit 1994 gelten auch die noch aktuellen unverbindlichen Empfehlungen des Verbands der privaten Krankenversicherer, die Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MBKK) und für die Krankentagegeldversicherung (MBKT).

Die gesetzliche Krankenversicherung kann unter bestimmten Umständen durch eine private Krankenversicherung ersetzt werden, man spricht dann von der substitutiven PKV. Dies ist der Regelfall für die private Absicherung der Heilbehandlungskosten außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung.

Nach § 178 b Abs, 1 VVG und § 1 Abs. 1 MBKK haftet der Versicherer für die Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer für medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit, Unfallfolgen und sonst vereinbarte Leistungen tätigt. Wie die Haftpflichtversicherung ist die private Krankenversicherung also als Passivenversicherung zu bezeichnen. Während die gesetzliche Krankenversicherung Naturalleistungen erbringt, indem sie dem Versicherten ermöglicht, bei Vertragsärzten (nahezu) kostenfrei behandelt zu werden, hat der Versicherungsnehmer der PKV die Heilbehandlungskosten grundsätzlich zunächst selbst zu tragen. Der Versicherungsnehmer der PKV hat dabei gemäß § 4 Abs. 2 MBKK die freie Wahl unter den niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten. Abhängig vom gewählten Tarif gilt dies nach § 4 Abs. 2 Satz 2 auch für Heilpraktiker, die eine Erlaubnis nach § 1 As. 1 Heilpraktikergesetz haben.

Neben der medizinisch notwendigen Heilbehandlung gelten als Versicherungsfall auch Untersuchungen sowie medizinisch notwendige Behandlungen im Rahmen einer Schwangerschaft oder ambulante Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten. Oft handelt es sich um einen so genannten gedehnten Versicherungsfall, wenn eine über einen längeren Zeitraum andauernde Abfolge von Untersuchungen, ärztlichen Heilbehandlungen, Medikamenteneinkäufen oder Krankenhausaufenthalten vorliegt. Dies kann etwa dann problematisch sein, wenn im Versicherungsvertrag eine Wartezeit vereinbart ist und die erste Untersuchung bezüglich einer Erkrankung in diese Wartezeit fällt. Selbst wenn die eigentliche Heilbehandlung erst nach Verstreichen der Wartezeit vorgenommen wurde, wird der Versicherungsfall dennoch von der ersten Untersuchung ausgelöst.

Die Auslegung des Begriffs der medizinischen Notwendigkeit in § 1 Abs. 2 S. 1 MBKK kann im Einzelfall sehr problematisch sein. „Eine Behandlungsmethode ist medizinisch notwendig, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Zeit der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen.“ Diese Definition des BGH lässt viele Fragen offen; im Streitfall muss zur Klärung oft ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Bei der Frage nach der Erstattung der Kosten alternativer Behandlungsmethoden wird dabei vorrangig auf das Kriterium der Eignung der Behandlungsmethode abgestellt. Es kommt also nicht darauf an, ob eine Behandlungsmethode auf den Erkenntnissen der Schulmedizin oder alternativer Medizin beruht.

Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz sind die Aufwendungen für Heilbehandlungen, die von Krankenhäusern, Ärzten, Zahnärzten und Heilpraktikern vorgenommen wurden, die auf der so genannten schwarzen Liste stehen. Dort werden Missbrauchsfälle wie beispielsweise überhöhte Rechnungen, unzuverlässige Abrechnungsweise oder Übermaß-Therapie geführt.

Nicht ausgeschlossen ist die Leistungspflicht des Versicherers dagegen bei grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers. Insofern besteht in der PKV eine von § 61 VVG abweichende Regelung. Nur das vorsätzliche Herbeiführen des Versicherungsfalles ist nach den §§ 5 Abs. 1 b MBKK, 178 Abs. 1 VVG ausgeschlossen.

Bei der PKV von besonderer Bedeutung sind die vorvertraglichen Obliegenheiten des Versicherungsnehmers. Gemäß § 16 VVG hat der Versicherungsnehmer bei der Schließung des Vertrags alle ihm bekannten gefahrerheblichen Umstände dem Versicherer anzuzeigen. Über die Frage, welche Vorerkrankungen anzeigepflichtig sind, existiert eine sehr große Zahl gerichtlicher Entscheidungen.

Die PKV beruht im Unterschied zur gesetzlichen Krankenversicherung auf dem Äquivalenzprinzip. Die Beiträge werden also nicht nach dem Einkommen des Versicherten, sondern nach Eintrittsalter, Geschlecht, Gesundheitszustand und gewähltem Tarif bestimmt. Das individuelle Krankheitsrisiko findet also seine Entsprechung in der zu entrichtenden Prämie. § 8a Abs. 2 Satz 3 MBKK schließt allerdings eine Beitragserhöhung wegen des Älterwerdens der versicherten Person für die Dauer des Versicherungsverhältnisses aus. Gleichzeitig werden Altersrückstellungen für das mit dem Alter der versicherten Person wachsende Krankheitsrisiko gebildet. Um dennoch Kostensteigerungen aufzufangen, die durch den Anstieg der Heilbehandlungskosten entstehen, enthält der Versicherungsvertrag regelmäßig eine Beitragsanpassungsklausel.

Eine Besonderheit der substitutiven PKV ist der Verzicht des Versicherers auf das ordentliche Kündigungsrecht: dieses Recht ist gemäß §§ 14 Abs. 1 MBKK, 178 i Abs. 1 ausgeschlossen. Insbesondere das ansonsten im VVG vorgesehene Kündigungsrecht des Versicherers im Fall des Schadenseintritts entfällt auf Grund des Wesens der Krankenversicherung. Bestehen bleibt das Recht des Versicherers zur außerordentlichen Kündigung beispielsweise wegen Zahlungsverzugs bei der Folgeprämie oder bei Verletzung vorvertraglicher Obliegenheiten durch den Versicherungsnehmer.

Die VVG-Reform kodifiziert erstmals eine Übermaßregelung in § 192 Abs. 2 VVG-E. Nach dem Entwurf der Reformkommission sollte zunächst die Leistungspflicht des Krankenversicherers ganz entfallen, wenn die Aufwendungen für eine Heilbehandlung in einem unangemessenen Verhältnis zu den erbrachten Leistungen dieser Heilbehandlung stehen.

Statt von diesem unangemessenen Verhältnis spricht § 192 Abs. II VVG-E von einem “auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen.“ Mit dieser Veränderung des Maßstabs ist die Grenze zur Übermaßvergütung deutlich nach oben verschoben worden. Gleichzeitig ist mit der Einfügung des Wortes „insoweit“ klargestellt, dass es sich dabei nicht um eine völlige Leistungsfreiheit, sondern lediglich um eine entsprechende Leistungskürzung handelt.