• Rechtsgebiet:
  • Versicherungsrecht

Rechtsschutzversicherung

27.05.2011

Ihr zuständiger Rechtsanwalt

Michael Prettl LL.M.
Fachanwalt für Versicherungsrecht

Rechtsanwalt Michael Prettl Versicherungsrecht
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E-Mail prettl(at)prettl.de

von Fachanwalt für Versicherungsrecht Michael Prettl LL.M.

Nach § 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) erbringt der Versicherer die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder des Versicherten erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang (Rechtsschutz).

Die Rechtsschutzversicherung schützt den Versicherungsnehmer bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungssumme also vor dem Risiko in eine (versicherte) rechtliche Auseinandersetzung gezogen zu werden oder aktiv eine solche rechtliche Auseinandersetzung führen zu müssen und im Fall des vollständigen oder teilweisen Unterliegens oder der Zahlungsunfähigkeit des erstattungspflichtigen Gegners deswegen eine Vermögenseinbuße zu erleiden.
Zu den versicherten Kosten gehören insbesondere die gesetzlichen Gebühren des eigenen Rechtsanwaltes, im Falle des Unterliegens die Kosten des gegnerischen Anwalts. Hinzu kommen die Gerichtskosten und die Entschädigungen für Zeugen und Sachverständige, sofern erforderlich.
Die Rechtsschutzversicherung ist demzufolge Schadenversicherung und Passivenversicherung.

Gesetzlich geregelt worden ist die Rechtschutzversicherung erst seit 1990 auf Grund der Umsetzung einer EG-Richtlinie, im VVG alter Fassung noch als Unterfall der Schadenversicherung. Heute gilt die Rechtsschutzversicherung auch dem Gesetzgeber als eigener Versicherungszweig und ist in den §§ 125 ff. VVG geregelt.

Eine für die Organisation des Rechtsschutzversicherungsgeschäftes bedeutsame Vorschrift ist in § 8 a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) enthalten. Aufgrund dieser Vorschrift müssen Versicherungsunternehmen, die das Rechtsschutzversicherungsgeschäft zusammen mit anderen Versicherungssparten betreiben, die Leistungsbearbeitung in der Rechtsschutzversicherung einem Schadenabwicklungsunternehmen übertragen. Dieses Schadenabwicklungsunternehmen seinerseits darf außer der Rechtsschutzversicherung keine anderen Versicherungsgeschäfte betreiben und in anderen Versicherungssparten keine Leistungsbearbeitung durchführen. Diese organisatorische Trennung der Geschäftsbereiche dient der Verhinderung von Interessenkollisionen. Dieses Schadenabwicklungsunternehmen muss gem. § 126 VVG  im Versicherungsschein bezeichnet sein. In diesem Fall kann der Anspruch auf Versicherungsleistung nur gegen das Schadenabwicklungsunternehmen geltend gemacht werden.

Dem Rechtsschutzversicherer ist es, anders als in manchen anderen europäischen Ländern, nur in engen Grenzen erlaubt, selbst Rechtsberatung zu erteilen oder die Vertretung rechtlicher Interessen der Versicherungsnehmer zu übernehmen. Damit die eigene Rechtschutzversicherung den Versicherungsnehmern nicht ggf. wirtschaftlich abhängige und weisungsgebundene Interessenvertreter aufzwingen kann, gewährleistet § 127 VVG die freie Anwaltswahl. Schließlich hat der Versicherungsvertrag für den Fall der Leistungsablehnung durch die Rechtsschutzversicherung ein Gutachterverfahren oder ein ähnlich objektives Verfahren vorzusehen, um Meinungsverschiedenheiten zwischen Versicherungsnehmer und Rechtsschutzversicherung über die Erfolgsaussichten oder die Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung zu entscheiden. Auf dieses Verfahren hat die Rechtsschutzversicherung im Falle der Leistungsablehnung ausdrücklich hinzuweisen.

Von den Vorschriften der §§ 126 ff. VVG darf gemäß § 129 VVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers nicht abgewichen werden, d. h. diese Bestimmungen sind nicht abdingbar.

Da die gesetzlichen Regelungen so rudimentär ist, findet das Versicherungsverhältnis zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Versicherungsnehmer seine Ausgestaltung weitestgehend durch den Versicherungsvertrag, bei der weitaus überwiegenden Zahl aller Versicherungsverträge allerdings nicht auf der Grundlage einer individuellen Vereinbarung, sondern regelmäßig auf der Grundlage allgemeiner Versicherungsbedingungen (AVB), die ihrer Rechtsnatur nach allgemeine Geschäftsbedingungen sind, welche das Versicherungsunternehmen als Verwender dem Versicherungsnehmer stellt. Bei der Rechtsschutzversicherung geschieht dies vorwiegend auf der Basis des Bedingungswerks „ Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB)“, wobei sich im Wesentlichen die ARB 75, die ARB 94 und die ARB 2000 bei Altverträgen und aktuell die ARB 2009 in der Praxis finden.

Auch im Bereich der Rechtsschutzversicherung gilt, dass infolge der Deregulierung des Versicherungsmarktes im Jahre 1994 zunehmend Produktdiversifizierungen vorliegen, die zu Unterschieden in den jeweils einem Rechtsschutzversicherungsvertrag zu Grunde liegenden AVB führen. Auch in diesem Versicherungszweig ist also eine zuverlässige Beurteilung des Inhaltes des jeweiligen Versicherungsvertrages nur bei genauer Kenntnis der konkret vereinbarten AVB möglich.

Kennzeichnendes strukturelles Merkmal der ARB über alle Fassungen hinweg ist, dass Rechtsschutz nicht allgemein versichert wird, sondern der Grundsatz der Spezialität gilt, in der Weise, dass Rechtsschutzversicherung nur in bestimmten Leistungspaketen (Formen des Versicherungsschutzes) angeboten wird, die an bestimmte Eigenschaften oder Tätigkeitsbereiche (selbstständig oder nicht selbstständig, Eigentümer (Halter) oder Fahrer eines Kfz) des Versicherungsnehmers anknüpfen. Es wird Deckung gewährt für bestimmte Gefahren (Leistungsarten), auch in Kombination, aus bestimmten Rechtsgebieten (Schadensersatz-Rechtsschutz, Arbeits-Rechtsschutz, Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz, Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht, Steuer-Rechtsschutz vor Gerichten, Sozialgerichts-Rechtsschutz, Verwaltungsrechtsschutz in Verkehrssachen, Disziplinar- und Standesrechtsschutz, Straf-Rechtsschutz, Ordnungswidrigkeiten-Rechtsschutz, Beratungs-Rechtsschutz im Familien-, Lebenspartnerschafts- und Erbrecht).

Auch in diesem Versicherungszweig wird die Leistungsbeschreibung nach dem Grundsatz der Spezialität und der Beschränkung der Versicherungssummen ergänzt durch eine Vielzahl benannter Risikoausschlüsse (§ 3 ARB 2009).
Der örtliche Geltungsbereich der Rechtsschutzversicherung ist in der Regel beschränkt auf Europa, die Anrainerstaaten des Mittelmeeres, die kanarischen Inseln und Madeira. Nach den ARB 2009 besteht Rechtsschutz weltweit, sofern es sich um Rechtsschutzfälle während eines längstens sechswöchigen Aufenthaltes, der nicht beruflich bedingt ist, handelt.

Zeitlich beginnt der Versicherungsschutz, wenn der Rechtsschutzfall (Versicherungsfall) nach dem im Versicherungsschein angegebenen Zeitpunkt eintritt und die Erst oder ggf. Einmalprämie bezahlt ist.

Für einige Leistungsarten der Rechtsschutzversicherung bestehen Wartezeiten. Gemeint ist damit ein Zeitraum zwischen dem formellen Beginn des Versicherungsvertrages und dem materiellen Versicherungsbeginn. Diese Wartezeiten dienen dazu zu verhindern, dass ein Rechtsschutzversicherungsvertrag erst kurz vor einem sich schon konkret abzeichnenden Rechtskonflikt abgeschlossen wird. Diese Wartezeit beträgt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 ARB 2009 für die Leistungsarten nach § 2 b)-g) drei Monate.

Schließlich hat der Versicherungsnehmer auch in der Rechtsschutzversicherung eine Reihe von Obliegenheiten zu beachten, deren Nichtbeachtung u. U. zur Leistungsfreiheit der Rechtsschutzversicherung, also zum Verlust der Versicherungsdeckung führen kann. Der Versicherer kann die Rechtsschutzversicherung kündigen, wenn sich ein ungünstiger Schadensverlauf ergeben hat. Dies ist nach § 13 Abs. 2 ARB 2009 dann möglich, wenn die Rechtsschutzversicherung ihre Leistungspflicht für mindestens zwei innerhalb von zwölf Monaten eingetretene Rechtsschutzfälle bejaht hat.
Zum Konflikt zwischen Rechtsschutzversicherung und Versicherungsnehmer kommt es in der Regel in den Fällen der Leistungsablehnung bzw. Deckungsablehnung durch die Rechtsschutzversicherung.

Dabei lassen sich im Wesentlichen vier Konfliktfelder ausmachen.

  1. Deckungsablehnung wegen Mutwilligkeit, bzw. Unverhältnismäßigkeit oder Deckungsablehnung wegen fehlender Erfolgsaussichten.
  2. Deckungsablehnung wegen Eintritt des Rechtsschutzfalles vor Vertragsbeginn (Vorvertraglichkeit) oder vor Ablauf der Wartezeit oder Deckungsablehnung wegen Eintritts des Versicherungsfalles nach dem Ende des Versicherungsvertrages. 
  3. Deckungsablehnung wegen Eingreifens eines Ausschlusses (z.B. gemäß § 3 ARB 2009).
  4. Deckungsablehnung wegen Leistungsfreiheit infolge Nichtbeachtung einer Obliegenheit.

Daneben kommt es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten über den Leistungsumfang, insbesondere wegen der vom Versicherer zu tragenden Anwalts- und Sachverständigenkosten.

Schließlich ist zu beachten, dass die Nachhaftung der Rechtsschutzversicherung für Versicherungsfälle, die während der Dauer des Versicherungsfalles eingetreten sind, auf die Dauer von drei Jahren nach der Beendigung des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand beschränkt ist. Diese Beschränkung der Nachhaftung auf einen Zeitraum, der kürzer ist als die überwiegende Zahl der Verjährungsfristen, die in den in Betracht kommenden Rechtsgebieten gelten, kann im Falle des Versichererwechsels auch bei vermeintlich „nahtloser“ Versicherungsdeckung, gerne versprochen von tüchtigen Agenten oder Maklern anlässlich einer „Umdeckung“, zu einer schmerzlichen Deckungslücke in der Weise führen, dass dann, wenn eine Inanspruchnahme im Zusammenhang mit einem Rechtsschutzfall erfolgen soll, der während der Dauer des ersten Versicherungsvertrages eingetreten ist, dieser aber zur Zeit der Inanspruchnahme länger als drei Jahre beendet ist und der Rechtsschutzanspruch danach erstmals geltend gemacht wird, der Nachfolgeversicherer Vorvertraglichkeit geltend macht, der Vorversicherer sich aber auf den Ablauf des Nachhaftungszeitraumes beruft. Es stellt sich dann die Frage nach der Haftung des Vermittlers.