• Rechtsgebiet:
  • Versicherungsrecht

Unterversicherung

27.05.2011

Ihr zuständiger Rechtsanwalt

Michael Prettl LL.M.
Fachanwalt für Versicherungsrecht

Rechtsanwalt Michael Prettl Versicherungsrecht
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von Fachanwalt für Versicherungsrecht Michael Prettl LL.M.

Zumindest im betriebswirtschaftlichen Sinne versteht sich der Begriff der Unterversicherung fast von selbst: Unterversicherung liegt immer dann vor, wenn die von der Versicherung bezahlte Entschädigung niedriger ist als der tatsächlich eingetretene Schaden. Keine Rolle spielt dabei, ob diese Situation durch vertragliche Vereinbarung oder durch andere Umstände zu Stande kommt.

Aus juristischer Perspektive ist die Unterversicherung gemäß § 75 VVG dann gegeben, wenn die Versicherungssumme niedriger ist als der Versicherungswert. Bei einem Vollschaden wird im Fall der Unterversicherung nur in Höhe der Versicherungssumme geleistet, auch wenn der eingetretene Schaden höher ausfällt. Dieses Prinzip wird durch § 75 VVG übertragen auf Teilschäden: Da die zu leistende Prämie in Abhängigkeit von der Höhe der Versicherungssumme berechnet wird, soll die Unterversicherung bei einem Teilschaden nicht unberücksichtigt bleiben; vielmehr wird die Entschädigung proportional herabgesetzt. Die Entschädigung verhält sich also zum tatsächlich entstandenen Schaden wie die Versicherungssumme zum wirklichen Versicherungswert.

Ein Beispiel: Für eine Violine besteht eine Sachversicherung. Im Versicherungsvertrag wird ihr Wert auf 10.000 Euro geschätzt und die Versicherungssumme entsprechend festgelegt. Der Marktwert beträgt aber laut Gutachten 15.000 Euro. Wird die Violine vollständig zerstört, leistet die Versicherung nur bis zur Höhe der Versicherungssumme, also 10.000 Euro. Fällt das Instrument zu Boden und entstehen dadurch Reparaturkosten von 3000 Euro, leistet der Versicherer auf Grund der Unterversicherung nicht 3000 Euro, sondern nach § 75 VVG nur 2000 Euro.
In der Praxis kommt es häufig zur Unterversicherung; entweder liegt schon bei Vertragsschluss eine nicht zutreffende Bewertung vor, oder es erhöht sich im Laufe der Versicherungsdauer der Versicherungswert; sei es durch erwartete Wertsteigerung oder durch Inflation).
Neben der Hauptleistung des Versicherers für den entstandenen Schaden betrifft die Proportionalitätsregel des § 75 VVG auch Nebenleistungen wie den Rettungskostenersatz gemäß § 83 und den Ersatz der Schadenermittlungskosten gemäß § 85 Abs. 3 VVG.

Es bestehen verschiedene Möglichkeiten, eine proportionale Kürzung bei der Unterversicherung schon bei Vertragsschluss abzubedingen oder vertragliche Vorkehrungen gegen den Eintritt des Falles einer Unterversicherung zu treffen. Der qualifizierte fachanwaltliche Rat zur Vertragsgestaltung und zur Abwälzung des Bewertungsrisikos auf den Versicherer schon vor Vertragsschluss verhindert zu geringe Leistungen im Versicherungsfall.

Nicht selten sind Situationen, in denen sich Versicherer auf eine Unterversicherung berufen und so die Versicherungsleistung im Schadenfall deutlich kürzen. Allerdings gibt es Mittel, eine solche Leistungskürzung nach dem Versicherungsfall zu vermeiden und den Versicherer dennoch auf einen höheren Betrag in die Pflicht zu nehmen. Dies betrifft nicht nur Versicherungsverträge mit Verbrauchern, sondern häufig auch gewerbliche Versicherungsnehmer. Auch hier können wir Sie im Einzelfall entsprechend beraten und vertreten.