Glossar: Mehrfachversicherung

Der Begriff der Mehrfachversicherung (früher Doppelversicherung) ist in § 78 VVG gesetzlich definiert. Man spricht dann von Vorliegen von Mehrfachversicherung, wenn ein Interesse bei mehreren Versicherern gegen dieselbe Gefahr (Identität von Interesse und Gefahr) versichert ist und die kumulierten vereinbarten Versicherungssummen den Versicherungswert übersteigen oder die Summe der Entschädigungen die von jedem Versicherer zu leisten sind, den Gesamtschaden übersteigen. Es handelt sich um einen qualifizierten Fall der mehrfachen oder Vielfachversicherung.

Nicht erforderlich ist, dass neben der Identität von Gefahr und Interesse auch noch eine Identität der Versicherungsnehmer gegeben sein muss.

Liegt ein Fall der Mehrfachversicherung vor so ordnet § 78 VVG an, dass die beteiligten Versicherer als Gesamtschuldner (§ 421 BGB) haften, so dass jeder Versicherer den von ihm nach dem Versicherungsvertrag zu leistenden Betrag zu zahlen hat, der Versicherungsnehmer aber insgesamt nicht mehr als den Betrag des Schadens verlangen kann. Daraus ergibt sich notwendig die in § 78 Abs. 2 VVG angeordnete Ausgleichspflicht der beteiligten Versicherer untereinander.

Wurde die Mehrfachversicherung in betrügerischer Absicht vereinbart, ist jeder in dieser Absicht vereinbarte Versicherungsvertrag gem. § 78 Abs. 3 nichtig.

Da Mehrfachversicherung in der Regel unbeabsichtigt eintritt, weil z.B. Überschneidungen im Deckungsumfang verschiedener Versicherungen vorliegen, hat der davon betroffene Versicherungsnehmer, gem. § 79 VVG das Recht die Beseitigung der Mehrfachversicherung zu verlangen. Dies geschieht entweder durch Aufhebung des später abgeschlossenen Vertrages oder unter quotaler Kürzung  der Prämie auf den Teilbetrag herabgesetzt wird, der durch die frühere Versicherung nicht gedeckt ist.

Die Versicherer sind im Verhältnis zueinander anteilig nach dem Verhältnis der Versicherungsleistungen verpflichtet, die sie nach dem jeweiligen Versicherungsvertrag zu zahlen haben. Leistet ein Versicherer mehr, kann er den über seinen Anteil hinausgehenden Betrag vom anderen Versicherer erstattet verlangen.

Anwendung findet § 78 VVG allerdings nur im Bereich der Schadensversicherung, wozu auch die Haftpflichtversicherung und die Rechtsschutzversicherung gehören.

 

Begegnet werden kann dem Problem der Mehrfachversicherung durch die Vereinbarung einer Subsidiaritätsklausel, Vorrangklausel oder Nachrangklausel.

Zu unterscheiden ist die Mehrfachversicherung von der

Mitversicherung und der

Nebenversicherung

als weiteren Formen der mehrfachen Versicherung oder Vielfachversicherung.

von Michael Prettl LL.M. Rechtsanwalt, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Stuttgart

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